Sonntag, 28. November 2010

Reisen als potenzieller Terrorist...

In Deutschland wird für Ende November von offizieller Seite vor einer erhöhten Terrorgefahr gewarnt (siehe auch http://www.spiegel.de/video/ipad/video-1094703.html).
Es ist Ende November. Man würde verschärfte Kontrollen bei Flügen von/nach Deutschland erwarten. Das Gegenteil ist der Fall. Gestern flog ich von Zürich nach Frankfurt, heute die umgekehrte Strecke zurück. Die gesamte Reise konnte ich absolvieren, ohne jemals einen Ausweis vorlegen zu müssen. Passkontrolle beim Betreten des Sicherheitsbereichs? Fehlanzeige. Das Flugticket reichte sowohl in Zürich wie auch in Frankfurt. Eine Kontrolle mit Bildausweis beim Besteigen des Flugzeugs? Mitnichten. Ich hätte irgendwer sein können - und eben auch ein Terrorist, der unter meinem Namen reist -, niemand hätte es gemerkt. Alles, was es gebraucht hätte, wäre ein Boarding Pass mit meinem Namen gewesen, den man heute auch als selbstgedruckte Variante oder Handybild vorlegen kann - von Profis wahrscheinlich innert kurzer Zeit gefälscht.
Ich gehöre eher zu den Fatalisten bezüglich der Terrorgefahr. Man muss einfach mit dem Risiko leben und kann sich nicht komplett schützen. Aber müssen wir es potenziellen Terroristen derart einfach machen?

Samstag, 25. September 2010

Und ab geht die Post...

Der Schweizer Nationalrat diskutiert die Zukunft der Post. Schön zu lesen, dass viele schon einmal wissen, was sie nicht wollen. Keine Aufhebung des Monopols für Briefe unter 50g, keine Schliessung von Poststellen. Und dann die proklamative Aussage, dass auch in Zukunft die Post Briefe und Pakete in allen ganzjährig bewohnten Siedlungen bis ans Haus bringen soll.
Erstaunlich, wie defensiv hier gedacht wird. Dabei liesse sich wahrscheinlich mit einer einzigen Massnahme die Daseinsberechtigung der Post manifestieren für eine lange Zukunft:

Das Austragen der Sendungen wird auf die Zeit von 4-6h morgens vorverlegt.

Ich bin überzeugt, die Post könnte sich vor zusätzlichen Verteilaufträgen nicht mehr retten und müsste solcherlei Debatten, wie man sie zuletzt im Nationalrat hört, gar nicht führen. Käme der Postbote vor 6h morgens, bräuchte keine Tageszeitung mehr ihre eigene Verteilung zu unterhalten. Die Zeitung käme einfach mit der regulären Post.
Auch der angestammte reguläre Brief- und Paketservice der Post würde an Attraktivität deutlich gewinnen, gäbe es die Möglichkeit (ohne enorm teure Zuschläge), Post übernacht so zu senden, dass sie vor 6h morgens beim Empfänger ist, dieser sie also erhält, bevor er das Haus verlässt. Dass das nicht für jede Sendung von einem Winkel der Schweiz bis zum anderen funktioniert, mag durchaus sein. Es gäbe noch immer viele Sendungen innerhalb der Regionen, die bei einem echten Übernachtservice wieder Sinn machen würden.
Man könnte sogar über einen spannenden Zusatzdienst der Post nachdenken, der heute eher leidlich funktioniert: Die Zustellung von online gekauften Lebensmitteln. Würden diese morgens vor 6h angeliefert, wäre der Lebensmittelkauf per Internet und die Lieferung per Post für viele machbar, für die er es heute nicht ist. Noch attraktiver wäre er, wenn der Postbote nicht nur eine Box mit Lebensmitteln bringt, sondern auch eine andere mit Recyling-Gut wieder mitnimmt. Ein äusserst effizientes und umweltfreundliches System, welches perfektioniert würde durch die Einführung grösserer, standardisierter Milchkästen, in der die Box deponiert werden kann.
Statt beim Gedanken an die Liberalisierung der Post derart zu verkrampfen wie in den aktuellen Debatten, statt umgekehrt wiederum wie im letzten Jahr über wilde Internationalisierungsstrategien für die Post nachzudenken, die einer Swissair schon das Genick brachen, sollte man doch versuchen, der Post eine Zukunft zu bescheren auf Basis dessen, was sie gut kann: Verteilen. Mit nur ein wenig Flexibilität wäre es möglich, die Post so aufzustellen, dass sie ohne Stützräder (= künstlicher staatlicher Schutz, am Ende Subventionen) auskommen könnte. Man sollte sich vergegenwärtigen, was für ein grosses Pfund man mit der heutigen Post in der Hand hält: Die komplette logistische Abdeckung der gesamten Bevölkerung. Das ist gerade im Zeitalter des Internets enorm viel wert! Allein, es muss zu einer attraktiven Zeit verteilt werden. Und idealerweise wird ein standardisiertes Gross-Milchkastensystem wie oben angedeutet konzipiert. Nicht zuletzt die Umwelt würde es uns danken.
Ob es Briefe sind, der Berner Bund, Brot und Butter, die Post wäre der nationale Feinverteiler. Es ist doch völlig egal, was ausgeliefert wird. Sich am Briefmonopol zu klammern ist wie sich am Masten der Titanic festzuhalten. Früher oder später geht sie unter. Man kann das Ende nur verlangsamen. Aber die Feinverteilung, die flächendeckende Logistik ist aktueller denn je. Und wenn man nur lang genug nachdenkt, dann fallen einem wahrscheinlich noch weitere Güter ein, die über diesen Weg auch verteilt werden könnten.
Natürlich, wenn der Umfang der ausgelieferten Waren ansteigt, dann deckt ein "Postbote" deutlich weniger Adressen ab als heute. Aber das spielt keine Rolle. Geliefert werden die Waren so oder so. Es würde sich immer rechnen, die der Warenlieferung zugrundeliegende logistische Leistung auf weniger Verteiler zu konzentrieren, als für jedes Gut einen eigenen Versand zu unterhalten. Man schaue sich den heutigen Irrsinn an: Die Zeitung kommt frühmorgens per speziellem Verteiler, der Postbote klappt all die Adressen wenige Stunden später wieder ab und bringt die Briefpost, und die online georderten Lebensmittel trudeln irgendwann am Tag per separater Lieferung ein (auf die man im übrigen über Stunden zuhause warten muss). Eine grandiose Ineffizienz mit einer sicherlich nicht sehr schönen Ökobilanz.
Wir tun uns manchmal schwer als bequeme westliche Gesellschaft, klar erkennbare Entwicklungen in etablierten Systemen - wie die Post eines ist - zu berücksichtigen. Es ist schon lang nicht mehr so, dass der Mann morgens das Haus verlässt, seine Frau aber den ganzen Tag zuhause ist (um Lieferungen entgegenzunehmen). Auch taktet die Welt immer schneller und es reicht häufig einfach nicht mehr, etwas um 11h morgens erst zu bekommen. Dazu werden wir immer umweltbewusster und müssen uns fragen, wie wir die gefahrenen Strecken in der Logistikwelt (da kommt einiges zusammen) minimieren können.
Eine Schlüsselrolle kommt den Gewerkschaften zu. Wenn sie, wie leider so oft, ihre Rolle falsch verstehen und die Trends der Zeit nicht erkennt, könnten sie natürlich zur Innovationsbremse werden. Wahrscheinlich würde dann in solchen Kreisen diskutiert, ob es denn wirklich zumutbar für diesen "Postboten der neuen Art" ist, so früh morgens zu arbeiten. Eine völlig überflüssige Diskussion, wie ich finde. Bei den enormen Effizienzen, die dieses System erzeugen würde, könnte man die neuen Postboten sehr attraktiv kompensieren. Ich bin überzeugt, man würde genug Arbeitskräfte dafür gewinnen, insbesondere auch solche, die tagsüber gern anderen Dingen nachgehen oder einfach das Leben bei scheinender Sonne mit Freizeit geniessen wollen.
Bleibt zu hoffen, dass man bei der Post und in der sie bemutternden Politik die grosse Chance erkennt und das enorme Kapital richtig einsetzt, das man mit dem landesweiten Verteilnetz hat. Die Ressourcen sollten nicht in den Erhalt von Strukturen, die sich langfristig sowieso nicht bewahren lassen, gehen, sondern in den Aufbau einer flächendeckenden, nationale Feinverteilung von Gütern verschiedenster Art zwischen 4-6h morgens. Das wäre wahrhaft innovativ! Und wir alle dürften uns über die grosse Zukunft der "Post 2.0" freuen.

Sonntag, 20. Juni 2010

Ist die UBS zu gross?

Diese Frage wird derzeit intensiv diskutiert. Die Protagonisten in der Auseinandersetzung, Philipp Hildebrand, Präsident der Nationalbank, und Oswald Grübel, CEO der UBS, argumentieren leidenschaftlich, warum nun die UBS (oder auch andere, ähnlich dimensionierte und positionierte Banken) zu gross oder eben nicht ist. Was für eine merkwürdige Fragestellung für den grünen Tisch. Warum lässt man den Markt nicht sprechen? Es bedürfte der Einführung einer Spielregel, die ich in einem vorherigen Beitrag schon einmal vorschlug: Wenn die Führung einer Bank zwingend zumindest einige persönlich haftende Gesellschafter kennen würde, sollte sich diese Frage von selbst beantworten. Ist eine Gruppe von Personen bereit, das unternehmerische Risiko, das eine UBS darstellt, persönlich zu tragen? Vielleicht würden wir andere Risiko-Portionierungen bei den Banken sehen, wenn das eigene Vermögen auf dem Spiel steht. Die vielen Privatbankiers in der Schweiz, die zumeist persönlich haften, kennen diese Fragestellung genau. Vielleicht können wir von ihnen lernen. Und statt per Dekret ein Unternehmen zu zerschlagen, würde man den Markt sprechen und sich dynamisch anpassen lassen.

Montag, 10. Mai 2010

Wer verhindert den Staatsbankrott?

Stimulation der Wirtschaft nach September 11, Kriege in Afganistan und im Irak, Naturkatastrophen von Tsunami über Erdbeben bis Aschewolke, die Rettung von Banken im Rahmen der Subprime-Krise, erneut Stimulationsprogramme und nun das EU-Staaten-Rettungspaket – dies alles in nur einem Jahrzehnt. Wir glauben der Lage scheinbar nicht mehr anders Herr zu werden, als dass wir 100te Milliarden über 100te Milliarden nachschieben – die völlige Enthemmung beim kollektiven Geldausgeben. Das Verhalten der westlichen Staaten erinnert an ein grosses Ponzi-Schema, auch Schneeballsystem genannt, beides bekanntermassen hoch strafbar, wenn wir es als Privatpersonen betreiben würden (ausgeliehener Vergleich aus einem der hervorragenden Kommentare von Konrad Hummler, Wegelin & Partner). Die Verpflichtungen, die unsere westlichen Staaten mittlerweile vor sich herschieben, betragen ein Vielfaches ihres Bruttoinlandproduktes. All das liesse sich überhaupt nur zurückzahlen, wenn es ein enormes Wirtschaftswachstum gäbe, also immer mehr Menschen eine immer höhere Leistung erbringen – wie bei einem Schneeballsystem. Selbiges Wachstum fehlt aber. Die finanziellen Löcher werden zugleich immer grösser und erreichen Dimensionen, aus denen wir schlichtweg nicht mehr herauswachsen können.

Wie ist es nur so weit gekommen? Ich erinnere mich an Artikel in den 80er Jahren, in denen man bereits vor der Staatsverschuldung warnte. Und genau das ist das Dramatische. Wir kennen das Problem seit Jahrzehnten, sind aber als Gesellschaft offensichtlich nicht in der Lage, das Übel abzuwenden. Wir rasen mit wachsender Geschwindigkeit auf eine Wand zu. Und wir ändern nicht den Kurs.

Nun könnte man einfach „den Politikern“ die Schuld dafür geben. Aber diese Politiker haben wir selbst gewählt. Und wir erhalten in regelmässigen Abständen die Möglichkeit, einen Personalwechsel zu veranlassen. Er kommt aber nicht zustande. Im Gegenteil, die Politiker, die das tun wollen, was notwendig wäre, um das Ruder herrumzureissen, werden nicht gewählt (oder zumindest nicht wiedergewählt). Wir verhalten uns wie Drogenabhängige, die immer mehr vom Stoff wollen, obwohl wir eigentlich wissen, dass er Gift für uns ist. Wird uns am Ende eine der grössten Errungenschaften der westlichen Zivilisation, die moderne Demokratie, zum Verhängnis? Ein Gedanke, den man gar nicht weiterführen mag und sollte. Es gibt keine Alternative zum demokratischen System.

Aber was ist dann die Lösung? Ich sehe nur eine: Wir müssen Politiker wählen, die es aufgrund ihrer anerkannten Kompetenz und Authorität schaffen, ihrem Volk reinen Wein einzuschenken und für die notwendigen, staatlichen Restrukturierungsmassnahmen Akzeptanz zu erzeugen. Das unterscheidet den Leiter eines Staates nicht von dem eines Unternehmens. Man muss eine Vision verkaufen können, darstellen können, wohin man will, was zu gewinnen ist, wenn man jetzt bereit ist, den Gürtel enger zu schnallen. Man erinnere sich z.B. an Winston Churchill und seine berühmten Durchhaltereden während des zweiten Weltkriegs. Wir müssen wieder mehr Winston Churchills in führende Ämter bringen. Auch wenn er heute wahrscheinlich den ein oder anderen Skandal mit seinen berüchtigten, nicht immer politisch korrekten Zitaten erzeugen würde, Persönlichkeiten wie er würden es vielleicht schaffen, das Notwendige zu tun, der heute leider die Regel darstellende aalglatte Berufspolitiker mit blitzeblankem Persil-Profil wohl kaum. Letztere werden uns durch die grossen Herausforderungen nicht führen können, wenn wir sie denn einmal angehen wollen. Wenn wir dem Horrorszenario „Staatsbankrott“ entkommen wollen, braucht es Personen mit Präsenz und Profil, auch wenn diese Ecken und Kanten haben. Wo ist der nächste Churchill?

Sonntag, 25. April 2010

Managergehälter - Reprise

Die Reaktionen auf meinen jüngsten Blog-Eintrag zum Thema „Managergehälter“ waren sehr unterschiedlich. Ich stellte dabei fest, dass es ein viel facettenreicheres Bild an Meinungen zum Thema gibt, als diese in der Öffentlichkeit kundgetan werden. Offensichtlich trauen sich Personen, die meinen, dass man doch den Markt spielen lassen soll und eine Einmischung Dritter nicht sinnvoll ist, nicht mehr, ihre Stimme zu erheben. Es ist „politically incorrect“ geworden, eine solche Meinung zu vertreten. Einer guter Freund, der meinen Blog las, war sogar besorgt um mich und fragte, ob ich nicht ein zu hohes Risiko eingehe, wenn ich zu diesem Thema offen Stellung nehme. „Das ist doch ein Wespennest!“ sagte er. Besser wäre es, sein Geld still zu verdienen und zu schweigen. Das finde ich sehr bedenklich. Die Diskussion um die Managergehälter ist allgegenwärtig. Und da muss man Position beziehen, denn ein konstruktiver gesellschaftlicher Diskurs kann doch nur zustandekommen, wenn alle Meinungen geäussert werden. Aus meiner Sicht läuft in der aktuellen Managergehälter-Debatte einiges schief. Verschiedenste Anliegen und Positionen werden wild durcheinandergeworfen. Dabei kann nichts Gutes herauskommen. Managergehälter staatlich zu regulieren macht keinen Sinn. Man sollte diese dem Spiel von Angebot und Nachfrage überlassen. Gefordert sind hier das Kapital (der Aktionär) und die Arbeit (der Manager). Weitere Dritte braucht es dabei nicht.
Diesen Parteien stehen auch heute schon Mittel und Wege zur Verfügung, grobe Fehlentwicklungen bei der Adressierung von unternehmerischen Risiken zu minimieren. Es gibt z.B. den Unternehmensleiter als persönlich haftenden Gesellschafter. Man kennt ihn zum Beispiel beim deutschen Unternehmen Merck. Eine solcher Unternehmensleiter haftet vollumfänglich, mit seinem persönlichen Vermögen, für ein unternehmerisches Scheitern. Würde dies zu einer schädlichen, kompletten Risikovermeidung führen? Im Falle der erwähnten Merck zumindest ist dies nicht der Fall. 2006 kaufte Merck das Genfer Biotechnologie-Unternehmen Serono S.A. für rund 16 Milliarden Schweizer Franken. Seit Januar 2007 besitzt Merck die Mehrheit an Serono und ist damit nicht nur Weltmarktführer bei Flüssigkristallen, sondern auch Nummer 3 der Biotechnologie-Unternehmen.
Wie würden solche persönlich haftenden Gesellschafter als Verwaltungsrat und/oder Konzernleitung einer UBS handeln? Das wäre interessant zu sehen. Vielleicht kämen sie zum Schluss, dass die Risiken einer UBS in seiner heutigen Form gar nicht zu verantworten sind. Die Frage „Zerschlagung oder nicht“ wäre beantwortet.
Die aktuell diskutierten Vorstösse aber werden den erhofften Effekt nicht haben. Zum einen werden die Gehälter nicht sinken, weil der Markt sie über geeignete Wege immer wieder dorthinbringen wird, wo sie heute sind (ich rede hier nicht von einigen Ausreissern, die einfach auf das schlechte Verhandeln der Kapitalvertreter, also Aktionär und/oder Verwaltungsrat, zurückgehen, sondern auf den Durchschnittswert der Managergehälter). Und zum anderen – und das ist noch bedenklicher – werden sie das unternehmerische Versagen nicht verhindern und nicht einmal positiv beeinflussen, also senken. Denn das Versagen ist nicht korreliert mit den Gehältern. Sonst wären die deutschen Banken im öffentlichen Besitz (KfW/IKB, gewisse Landesbanken), bei denen der Staat ja sogar Aktionär ist und die Manager, so sollte man hoffen, sicher nicht hochbezahlt sind, nicht in eine Schieflage geraten. Sind sie aber.
Helfen würde die persönliche Haftung der geschäftsführenden Personen. Aber ist man mutig genug, diesen Schritt zu gehen? Er wäre zumindest konsequent und, wie ich meine, zielführend. Risiken würden mit Sicherheit zweimal bewertet. Und es gelte nicht mehr der Satz „Die Gewinne bleiben bei mir, die Verluste tragen andere.“
Gefordert ist hier aber nicht der Staat, sondern es sind die Eigentümer von Unternehmen. Es steht ihnen frei, ihre Firmen in eine solche KGaA, wie die Merck z.B. eine ist, umzuwandeln. Es wäre, wenn man Risiken verantwortungsvoller adressiert sehen will, der sinnvolle Schritt – deutlich sinnvoller als die Massnahmen, die zur Zeit diskutiert werden.

Link zum Thema:
http://www.merck.de/de/unternehmen/unternehmensfuehrung/unternehmensfuehrung.html

Donnerstag, 22. April 2010

Managergehälter

Kürzlich wollte ich in einem Hotel die Nachrichten in CNN schauen. Doch Fehlanzeige. Die Berichterstattung war unterbrochen. 10 Minuten wartete man, ohne dass wirklich etwas passierte ... auf den ersten Abschlag von Tiger Woods seit seinem Skandal. Der Mann hat’s geschafft. CNN schaltet um, weil Tiger Woods nach einigen Monaten der Abstinenz (vom Golfspielen) den Schläger schwingt. Offensichtlich kann nichts seinem Image etwas anhaben. Und die Krönung dazu: Ein Einkommen von ca. USD 100 Millionen/Jahr. Und glauben Sie es oder nicht: Niemand neidet es ihm!
Mir ist bekannt, dass die Vergleiche zwischen Sportlern/Künstlern und Managern einen langen Bart haben. Aber mir fällt es schwer, mich zu erinnern, warum eigentlich der Vergleich nicht gestattet ist. Gibt es nicht in jedem Beruf den Amateur und den Spitzenathleten? Warum darf es nicht Manager geben, die CHF 70.000 oder CHF 7 Mio. verdienen? Eine Madonna schliesst mit der Firma Live Nation einen 10-Jahres-Vertrag für eine Kompensation von USD 120 Millionen im Voraus ab – ohne Erfolgsgarantie. Stellen Sie sich das gleiche mal bei einem Manager vor! Ersteres juckt niemanden, letzteres würde die Volksseele zum Kochen bringen - zu recht übrigens, denn wenn ein Verwaltungsrat solche Verträge abschliessen würde, gehörte er baldmöglichst abgewählt.
Ein Fazit darf aber gezogen werden: Die aktuelle Managergehälter-Diskussion wird emotional geführt. Sachliche Argumente ziehen den Kürzeren. Dass es hier um einen Verteilungskampf zwischen Kapital (der investierende Aktionär) und Arbeit (der angestellte Manager) geht, der eigentlich Aussenstehende kalt lassen könnte, interessiert nicht. Das CHF 7 Millionen Managergehalt stört. Wenn Roger Federer CHF 40 Millionen verdient, freut man sich über die Zwillinge.
Es ist schon ein eigenartiges Ding mit den Managergehältern. Dabei lässt sich ein wesentlicher Aspekt dieser für manche vielleicht hoch erscheinenden Kompensation mit einem einfachen Spiel erklären. Kürzlich fragte ich eine Bekannte beim Dinner, was ich ihr als Lohn bezahlen müsste, wenn sie die nächsten fünf Jahre die Woche über von 7 bis 21h arbeiten müsste, plus 2-3 mal an gesellschaftlichen Anlässen teilzunehmen, dies auch am Wochenende (das Leben eines Josef Ackermanns z.B. sieht wahrscheinlich nicht anders aus). Die Gefragte verdient bereits nicht schlecht, ich schätze CHF 120'000 im Jahr, in einer Bank. Nach einer kurzen Pause, die ich ihr liess, damit sie sich ausmalen konnte, wie ein solches Leben aussieht, bot ich ihr CHF 500'000/Jahr. Keine Chance. Auch bei einer Millionen CHF gab’s noch keinen Zuschlag. Irgendwo bei fünf Millionen CHF kam sie ins Wanken. Voilà – schon haben wir ein gesellschaftlich inakzeptables Gehalt.
Abschliessend sei gesagt, dass ich im übrigen auch der Meinung bin, dass die Art und Weise, wie Managergehälter häufig festgelegt werden, stössig ist und sicherlich Handlungsbedarf besteht. Aber nicht die Höhe der Gehälter ist es, die nicht in Ordnung geht. Für Spitzenleistungen dürfen auch hohe Summen verdient werden. Irritierend ist die Art und Weise, wie diese Gehälter strukturiert sind und was sie belohnen und was sanktionieren. Dies bestimmen meist die Verwaltungsräte einer Gesellschaft. Und da sind wir bei der Wurzel des Übels. Wenn der Aktionär seine Chance verschläft, erstklassige Vertreter in einen Verwaltungsrat zu wählen, dann muss er sich nicht wundern, wenn auch absurde Kompensationssysteme zustandekommen.
Es bleibt die Hoffnung, das die aktuell diskutierten Veränderungen zu einer Kurskorrektur in diese Richtung führen. Keine Hoffnung muss man sich als Manager allerdings machen auf eine Imagekorrektur. Ein George Clooney wird immer populärer sein (und mehr verdienen dürfen) als ein Brady Dougan. Und so darf man wohl einen Teil der Kompensation des Managers als Schmerzensgeld betrachten. Wer damit nicht leben kann, sollte Schauspieler werden. Gesellschaftliche Zuneigung garantiert.

Samstag, 17. April 2010

Der Strassenbauirrsinn - eine verpasste Chance



Was in den USA das Militär ist, ist in der Schweiz der Strassenbau. Horrende Summen werden von den beiden Staaten in den jeweiligen Bereich gesteckt, jenseits jeder Vernunft - eine mehr oder weniger versteckte Subvention unglaublichen Ausmasses. Dass man die Wirtschaft ankurbeln will, mag ja noch verständlich sein. Aber gibt es keine sinnvolleren Vorhaben, als Autobahnabschnitte im besten Zustand zu sanieren (aktuelles Foto von der A3), um nur ein Beispiel zu nennen? Macht es Sinn, konventionelle Bauunternehmen mit Subventionsgeldern vollzustopfen? Ist das die Branche, die uns das Morgen sichert? Man stelle sich stattdessen vor, diese Gelder würden in Projekte fliessen, die den Technologiestandort Schweiz stärken, z.B. durch die Förderung moderner Verkehrssysteme, die aus der freien Wirtschaft nicht allein kommen können, weil sie der Definition von allgemein gültigen Standards bedürfen. Mein visionärer Lehrer J. Törber hat zu meinen Schulzeiten - wir sprechen von den frühen 80er Jahren - schon proklamiert, dass das Verkehrssystem der Zukunft weder der reine öffentliche Verkehr noch der Individualverkehr sein wird. Weder kann der öffentliche Verkehr die Bedürfnisse einer modernen und effizienten Gesellschaft adäquat befriedigen, noch ist der reine Individualverkehr auf Dauer tragbar. Lösungen dazu besprachen wir, wie gesagt, schon vor fast 30 Jahren im Schulunterricht. Doch sie blieben im wesentlichen in der akademischen Welt. Was wäre es für ein bahnbrechender Schritt, wenn die Schweiz sich aufmachen würde, ein sogenanntes duales Verkehrssystem zu entwickeln und zu realisieren, und dies möglichst gleich noch weitestgehend unterirdisch. "Dual" heisst hier, dass man einerseits von seinem Zuhause in einer selbstgesteuerten Transportkabine individuell kürzere Strecken fahren kann und sich andererseits für längere Distanzen zu Knotenpunkten begibt, um sich dort einzugliedern in eine Kette dieser - dann nicht mehr selbstgesteuerten - Kabinen. Wir hätten "the best of both worlds."
Unmöglich? Mitnichten. Aber es bräuchte visionäre Figuren, die unsere Steuergelder in solche Felder lenken, anstatt sie so wie bisher auszugeben - wahrscheinlich dazu noch in einem Vergabesumpf zwischen sich viele Jahre kennenden (Aufträge vergebenden) öffentlichen Behörden und (Aufträge nehmenden) Bauunternehmen, von dem wir besser nichts wissen wollen.
Ich habe von Schätzungen gelesen, dass in der Schweiz in den nächsten 20 Jahren ca. 100 Milliarden Franken in den Strassenbau fliessen. Man stelle sich nur vor, was allein ein Bruchteil dieser Summe an Fortschritt im Verkehrswesen bewirken könnte, jenseits der Erneuerung eines Belags oder des Baus eines Kreisels. Es wäre mehr möglich.

Zwei interessante Links zum Thema:
http://faculty.washington.edu/jbs/itrans/reynolds-aspen.htm
http://www.cbruch.homepage.t-online.de/Rumba_e.html#Solution

Dienstag, 13. April 2010

Musiker und Manager - zwischen den Welten



Wir leben im Jahr 2010. Deutschland wird von einer Frau, einem Homosexuellen und einem Rollstuhlfahrer regiert. Man möchte meinen, dass wir in unserer Gesellschaft wirklich grosse Fortschritte in puncto Toleranz gemacht haben. Und dem ist in der Tat so. Auch wenn sich ausgerechnet die Medien schwer taten mit meinen parallelen Engagements als Musiker der Band MILK67 zum einen und Turnaround Manager zum anderen, so erhielt ich in den vergangenen zwei Monaten diesbezüglich so viele positive Feedbacks (und dies auch von Personen, bei denen ich dachte, dass Ihr hohes Mass an Konservativität es nicht erlauben würde, mein kombiniertes Schaffen als Restrukturierer und Künstler zu gutieren), dass ich schlichtweg überwältigt bin. Ja, wir sind heute eine deutlich andere Gesellschaft, als ich sie vor noch 30 Jahren als Kind erlebt habe. Was immer dazu geführt hat, dass es diesen positiven Wandel hin zu mehr Liberalität gegeben hat, es ist schön zu erfahren, dass man sich heute auch zwischen den Welten bewegen kann, ohne dadurch seine "street credibility" in einer von ihnen zu verlieren. Ich kann nur dazu ermutigen, es selbst zu versuchen. Das Leben wird facettenreicher, wenn man seine unterschiedlichen Neigungen und Talente sich entwickeln lässt. Und auf die Meinung derer, die das nicht akzeptieren können - sei es aus Überzeugung oder doch nur aus Neid -, kann man getrost verzichten. Sie stehen einer gesellschaftlichen Mehrheit gegenüber, die ein grosses Mass an Toleranz lebt. Und das ist grossartig!

Rechtliches

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