Donnerstag, 22. April 2010

Managergehälter

Kürzlich wollte ich in einem Hotel die Nachrichten in CNN schauen. Doch Fehlanzeige. Die Berichterstattung war unterbrochen. 10 Minuten wartete man, ohne dass wirklich etwas passierte ... auf den ersten Abschlag von Tiger Woods seit seinem Skandal. Der Mann hat’s geschafft. CNN schaltet um, weil Tiger Woods nach einigen Monaten der Abstinenz (vom Golfspielen) den Schläger schwingt. Offensichtlich kann nichts seinem Image etwas anhaben. Und die Krönung dazu: Ein Einkommen von ca. USD 100 Millionen/Jahr. Und glauben Sie es oder nicht: Niemand neidet es ihm!
Mir ist bekannt, dass die Vergleiche zwischen Sportlern/Künstlern und Managern einen langen Bart haben. Aber mir fällt es schwer, mich zu erinnern, warum eigentlich der Vergleich nicht gestattet ist. Gibt es nicht in jedem Beruf den Amateur und den Spitzenathleten? Warum darf es nicht Manager geben, die CHF 70.000 oder CHF 7 Mio. verdienen? Eine Madonna schliesst mit der Firma Live Nation einen 10-Jahres-Vertrag für eine Kompensation von USD 120 Millionen im Voraus ab – ohne Erfolgsgarantie. Stellen Sie sich das gleiche mal bei einem Manager vor! Ersteres juckt niemanden, letzteres würde die Volksseele zum Kochen bringen - zu recht übrigens, denn wenn ein Verwaltungsrat solche Verträge abschliessen würde, gehörte er baldmöglichst abgewählt.
Ein Fazit darf aber gezogen werden: Die aktuelle Managergehälter-Diskussion wird emotional geführt. Sachliche Argumente ziehen den Kürzeren. Dass es hier um einen Verteilungskampf zwischen Kapital (der investierende Aktionär) und Arbeit (der angestellte Manager) geht, der eigentlich Aussenstehende kalt lassen könnte, interessiert nicht. Das CHF 7 Millionen Managergehalt stört. Wenn Roger Federer CHF 40 Millionen verdient, freut man sich über die Zwillinge.
Es ist schon ein eigenartiges Ding mit den Managergehältern. Dabei lässt sich ein wesentlicher Aspekt dieser für manche vielleicht hoch erscheinenden Kompensation mit einem einfachen Spiel erklären. Kürzlich fragte ich eine Bekannte beim Dinner, was ich ihr als Lohn bezahlen müsste, wenn sie die nächsten fünf Jahre die Woche über von 7 bis 21h arbeiten müsste, plus 2-3 mal an gesellschaftlichen Anlässen teilzunehmen, dies auch am Wochenende (das Leben eines Josef Ackermanns z.B. sieht wahrscheinlich nicht anders aus). Die Gefragte verdient bereits nicht schlecht, ich schätze CHF 120'000 im Jahr, in einer Bank. Nach einer kurzen Pause, die ich ihr liess, damit sie sich ausmalen konnte, wie ein solches Leben aussieht, bot ich ihr CHF 500'000/Jahr. Keine Chance. Auch bei einer Millionen CHF gab’s noch keinen Zuschlag. Irgendwo bei fünf Millionen CHF kam sie ins Wanken. Voilà – schon haben wir ein gesellschaftlich inakzeptables Gehalt.
Abschliessend sei gesagt, dass ich im übrigen auch der Meinung bin, dass die Art und Weise, wie Managergehälter häufig festgelegt werden, stössig ist und sicherlich Handlungsbedarf besteht. Aber nicht die Höhe der Gehälter ist es, die nicht in Ordnung geht. Für Spitzenleistungen dürfen auch hohe Summen verdient werden. Irritierend ist die Art und Weise, wie diese Gehälter strukturiert sind und was sie belohnen und was sanktionieren. Dies bestimmen meist die Verwaltungsräte einer Gesellschaft. Und da sind wir bei der Wurzel des Übels. Wenn der Aktionär seine Chance verschläft, erstklassige Vertreter in einen Verwaltungsrat zu wählen, dann muss er sich nicht wundern, wenn auch absurde Kompensationssysteme zustandekommen.
Es bleibt die Hoffnung, das die aktuell diskutierten Veränderungen zu einer Kurskorrektur in diese Richtung führen. Keine Hoffnung muss man sich als Manager allerdings machen auf eine Imagekorrektur. Ein George Clooney wird immer populärer sein (und mehr verdienen dürfen) als ein Brady Dougan. Und so darf man wohl einen Teil der Kompensation des Managers als Schmerzensgeld betrachten. Wer damit nicht leben kann, sollte Schauspieler werden. Gesellschaftliche Zuneigung garantiert.

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