Samstag, 4. Oktober 2014

"Humans need not apply"

Ein grossartiges Video von CGP Grey in Ergänzung zu meinem nachstehenden Beitrag "Auf dem Weg zur 20-Stunden Woche" 


Das Video muss uns keine Sorgen bereiten, sondern darf vielmehr Grund für grosse Freude sein, wenn wir die Verteilung des Wohlstands in den Griff bekommen. Mein Vorschlag für einen Lösungsansatz bleibt wie zuvor schon geschrieben: Die Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten am Produktivkapital über privatwirtschaftliche Systeme (mit staatlichen Leitplanken). Vorbild können hier die Pensionskassen Schweizer Art sein - nur, dass diese dann nicht mehr ausschliesslich für die Altersvorsorge gedacht wären, sondern für die Beteiligung am Produktivkapital durch das ganze Leben hinweg. Jeder Ernährer würde den notwendigen Lebensunterhalt zum einen aus einer gewissen Arbeitsleistung mit Geist und Körper erwirtschaften, zum anderen aber auch aus Erträgen durch Miteigentum an maschinengetriebener Produktion. Vor dem Hintergrund, dass der Aufbau solcher Systeme viele Jahre braucht, wäre es höchste Zeit für die Protagonisten aus Politik, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.

Samstag, 5. April 2014

Die 20-Stunden-Woche

Das Jahr 2014 ist noch jung. Und dennoch haben wir bereits den Harvest Day (siehe Blog vom 02.01.2014: Harvest Day) erreicht. Wir verbringen statistisch nun den Rest des Jahres nur noch mit Freizeit. Wem dieser Umstand bereits erstaunlich erscheint, dem mag mit den Worten von Ronald Reagen gesagt sein: "You ain't seen nothin' yet." Wir befinden uns erst in den Anfängen einer industriellen Revolution, deren Dimension die meisten von uns noch nicht im Ansatz realisiert haben - leider auch nicht die politische Kaste, die wichtige Weichen stellen müsste. Dazu später mehr. Mit Siebenmeilenstiefeln erzielen wir Produktivitätsfortschritte, unterstützt von beeindruckenden Entwicklungen in der Informationtechnologie, in der Robotik und bei den sogenannten 3D-Druckern. Nicht nur in der Industrie, wo wir dies erwarten, sondern auch in der Landwirtschaft werden Felder zunehmend von GPS-gesteuerten Mähdreschern und anderen Landmaschinen bearbeitet. Selbst im eigentlich "menschenintensiven" Dienstleistungssektor sprechen wir auf so mancher Service-Hotline - teilweise komplette Gespräche - mit sympathisch klingenden Computerstimmen. All dies führt zu mehr und mehr Effizienz. Um gleiches zu erreichen, müssen wir immer weniger Arbeitsleistung erbringen. Die 20-Stunden-Woche wird so schneller kommen, als viele von uns es heute denken und eine über die letzten 150 Jahre bisher degressiv verlaufende Reduktion bei den Wochenarbeitsstunden (siehe Graphik) deutlich beschleunigen.
 
Immer weniger arbeiten für mehr Wohlstand. Man könnte meinen, dieser Umstand ist Grund für uneingeschränkte Freude. Ist er aber nicht. Die Geschwindigkeit der Effizienz-Fortschritte nimmt zu und stellt uns vor grosse gesellschaftliche Herausforderungen. Konnten sich unsere Urgrosseltern noch über ein bis zwei Generationen auf 10 Stunden weniger Arbeitszeit pro Woche einstellen und diese sozialverträglich verteilen, werden wir nunmehr erleben, wie die Arbeit vieler Menschen durch die Automatisierung nicht mehr nachgefragt wird. All diese Menschen können nicht Pizzas ausfahren. Auch bringen Lohnerhöhungen zunehmend weniger, weil in menschenleeren Produktionsstätten dem Faktor Arbeit keine Wertschöpfung zufliesst - egal, wie hoch der Lohn ist. Wenn nun aber die Erträge der zunehmenden Automation bei den auf die Gesamtgesellschaft bezogen wenigen Eigentümer des Produktivkapitals anfallen, wird dies zu grossen gesellschaftlichen Verwerfungen führen. Dem kann man (Gott bewahre, dass dies versucht würde!) mit Umverteilung durch mehr Steuerbelastungen nicht Herr werden. Resultat wäre ansonsten eine Situation voller Almosenempfänger, während die Eigentümer von Maschinen aberwitzige Ertragssteuern zahlen müssten, um den Wohlstandstransfer zu ermöglichen - eine unerträgliche Situation.
Ein Lösungsansatz, der den notwendigen Wandel zulassen würde, ohne dass es zum ansonsten unvermeidlichen Systemkollaps (z.B. durch überbordende Arbeitslosenzahlen, wie wir sie heute schon in Spanien und Süditalien kennen) kommt, wäre die Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten am Produktivkapital über privatwirtschaftliche Systeme (mit staatlichen Leitplanken). Vorbild können hier die Pensionskassen Schweizer Art sein - nur, dass diese dann nicht mehr ausschliesslich für die Altersvorsorge gedacht wären, sondern für die Beteiligung am Produktivkapital durch das ganze Leben hinweg. Jeder Ernährer würde den notwendigen Lebensunterhalt zum einen aus einer gewissen Arbeitsleistung mit Geist und Körper erwirtschaften, zum anderen aber auch aus Erträgen durch Miteigentum an maschinengetriebener Produktion. Vor dem Hintergrund, dass der Aufbau solcher Systeme viele Jahre braucht, wäre es höchste Zeit für die Protagonisten aus Politik, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Stattdessen werden aber weiter absurde Arbeitskämpfe im klassischen Stil geführt. Man diskutiert lieber weiter höhere Löhne, als innovative Beteiligungssysteme (diversifiziert natürlich, wie bei Pensionskassen üblich) einzuführen. Und so verbleibt wohl die Verantwortung bei uns selbst, für uns und die, die wir ernähren, eine solide Basis zu schaffen, die nicht mehr nur aus einer guten Ausbildung, sondern auch in soliden Beteiligungen an Produktivkapital bestehen kann. Klug der, der sich frühzeitig darum kümmert.

Donnerstag, 2. Januar 2014

Harvest Day

Ein neues Jahr hat begonnen. Wir werden arbeiten, schlafen, feiern, etc. Wenn wir nun jede dieser Aktivitäten am Stück machen würden, bis zu welchem Tag müssten wir z.B. in Deutschland arbeiten, bis das derzeitige Wohlstandsniveau für das ganze Jahr erwirtschaftet ist? Es ist der 31. Januar. In Deutschland wird in der Tat ein Monat von zwölfen gearbeitet, wenn man den Anteil der gearbeiteten Stunden innerhalb der Bevölkerung ins Verhältnis setzt zu den gelebten Stunden. Der eine Monat reicht aus, um das ganze Jahr auf dem heutigen Standard zu leben. Anders ausgedrückt: Für jede Stunde, die in Deutschland Wertschöpfung erbracht wird, werden 11 weitere Stunden gelebt. Eindrucksvoll, nicht wahr? Ich habe diesen Tag den Harvest Day genannt. Denn an diesem Tag ist die Ernte für das Jahr eingefahren. Bei der Berechnung dieses Harvest Days kam noch eine weitere interessante Erkenntnis auf: Für die in die Berechnung einbezogenen Länder ergab sich ein Datum für den Harvest Day irgendwo zwischen dem 26. Januar und 10. Februar, also ziemlich nah beieinander. Und dies war der Fall, obwohl Länder mit einem so unterschiedlichen Lebensstandard wie den USA, Deutschland und der Schweiz auf der einen Seite und der Türkei, Russland und Mexiko auf der anderen Seite dabei waren. Offenbar scheint es einen grösseren Konsens darüber zu geben, wie viel zu arbeiten ist in einer Gesellschaft, als über das Mass an Wohlstand, das anzustreben ist. Ich bin überzeugt, dass die Produktivitätsfortschritte in unseren Gesellschaften während der kommenden Jahre ein bisher ungekanntes Ausmass annehmen werden und dies exponentiell. Damit wird sich der Harvest Day im Kalender zunehmend nach vorn verschieben. Denn wir werden Produktivitätsfortschritte nicht nur dafür nutzen können, unseren Wohlstand zu steigern. Hier setzen uns knappe Ressourcen und die Umwelt Grenzen. Wir werden vielmehr als Gesellschaft insgesamt für Gleiches immer weniger arbeiten. Die grosse Herausforderung, die sich aus diesen Umstand ergibt, ist, einen möglichst grossen Teil der Gesellschaft an der erzeugten Produktivität partizipieren zu lassen. Dies wird ohne Weiteres nicht der Fall sein. Denn eine Vielzahl einfacher Tätigkeiten wird es in Zukunft nicht mehr geben. Seit bereits zwei Jahrzehnten erleben wir grosse Effizienzgewinne durch die sich rasant fortentwickelnde Informationstechnologie. Immer mehr Produkte werden so z.B. direkt über das Internet bestellt, ohne dass irgendein Verkäufer aktiv wird und nur noch die Logistik menschlichen Einsatzes bedarf. Dazu kommt die bevorstehende Revolution durch die aufkommende 3D-Drucker-Technologie (siehe auch http://www.handelsblatt.com/themen/3D-Drucker). Wir können derzeit gar nicht abschätzen, welche weiteren Produktivitätsgewinne sich aus diesem technischen Fortschritt ergeben werden. All diese Veränderungen werden einen grossen Einfluss auf eine ganze Reihe von Berufsgruppen haben. Die damit verbundenen gesellschaftlichen Herausforderungen sind enorm. Und so ist ein Harvest Day, der vielleicht in Zukunft bereits Mitte Januar gefeiert werden kann, nicht automatisch ein Grund zur Freude. Es kommt darauf an, wie die Bevölkerung in ihrer ganzen Breite an diesen Produktivitätsfortschritten partizipieren wird. Über die klassischen Lohnverhandlungen wird dies nicht gelingen, denn immer weniger Arbeit würde so einen immer grösseren Stellenwert bekommen und nur die partizipieren, die Arbeit haben. Es wird kluge Modelle der Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten am Produktivkapital brauchen, wie dies heute schon bei der Altersvorsorge üblich ist. Wenn es uns gelingt, solche Modelle auf marktwirtschaftlicher Basis zu entwickeln und zu etablieren, dann steht uns eine grossartige Zukunft bevor. Wir werden mehr Zeit haben, mit Familie und Freunden zu sein, uns fortzubilden oder sonst wie selbstzuverwirklichen. Und auch hier bin ich versucht, an so manche Folge der ersten beiden Star Trek Generationen zu erinnern, auf deren Basis man diese Gesellschaften von morgen bereits in ihren Grundzügen erahnen kann. All dies ist ein grosser Grund zu Freude, auch wenn der Weg phasenweise vermutlich recht holprig sein wird, weil es leider Menschennatur ist, sich nicht nur kontinuierlich, sondern auch durch gelegentliche Schockerlebnisse fortzuentwickeln. Das Endergebnis aber wird, gemessen an heutigen Standards, grossartig sein und uns Menschen ganz neue Perspektiven verschaffen. Der Harvest Day am 31. Januar ist schon heute beeindruckend. Er wird vermutlich schon bald noch früher sein.

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