Montag, 10. Mai 2010

Wer verhindert den Staatsbankrott?

Stimulation der Wirtschaft nach September 11, Kriege in Afganistan und im Irak, Naturkatastrophen von Tsunami über Erdbeben bis Aschewolke, die Rettung von Banken im Rahmen der Subprime-Krise, erneut Stimulationsprogramme und nun das EU-Staaten-Rettungspaket – dies alles in nur einem Jahrzehnt. Wir glauben der Lage scheinbar nicht mehr anders Herr zu werden, als dass wir 100te Milliarden über 100te Milliarden nachschieben – die völlige Enthemmung beim kollektiven Geldausgeben. Das Verhalten der westlichen Staaten erinnert an ein grosses Ponzi-Schema, auch Schneeballsystem genannt, beides bekanntermassen hoch strafbar, wenn wir es als Privatpersonen betreiben würden (ausgeliehener Vergleich aus einem der hervorragenden Kommentare von Konrad Hummler, Wegelin & Partner). Die Verpflichtungen, die unsere westlichen Staaten mittlerweile vor sich herschieben, betragen ein Vielfaches ihres Bruttoinlandproduktes. All das liesse sich überhaupt nur zurückzahlen, wenn es ein enormes Wirtschaftswachstum gäbe, also immer mehr Menschen eine immer höhere Leistung erbringen – wie bei einem Schneeballsystem. Selbiges Wachstum fehlt aber. Die finanziellen Löcher werden zugleich immer grösser und erreichen Dimensionen, aus denen wir schlichtweg nicht mehr herauswachsen können.

Wie ist es nur so weit gekommen? Ich erinnere mich an Artikel in den 80er Jahren, in denen man bereits vor der Staatsverschuldung warnte. Und genau das ist das Dramatische. Wir kennen das Problem seit Jahrzehnten, sind aber als Gesellschaft offensichtlich nicht in der Lage, das Übel abzuwenden. Wir rasen mit wachsender Geschwindigkeit auf eine Wand zu. Und wir ändern nicht den Kurs.

Nun könnte man einfach „den Politikern“ die Schuld dafür geben. Aber diese Politiker haben wir selbst gewählt. Und wir erhalten in regelmässigen Abständen die Möglichkeit, einen Personalwechsel zu veranlassen. Er kommt aber nicht zustande. Im Gegenteil, die Politiker, die das tun wollen, was notwendig wäre, um das Ruder herrumzureissen, werden nicht gewählt (oder zumindest nicht wiedergewählt). Wir verhalten uns wie Drogenabhängige, die immer mehr vom Stoff wollen, obwohl wir eigentlich wissen, dass er Gift für uns ist. Wird uns am Ende eine der grössten Errungenschaften der westlichen Zivilisation, die moderne Demokratie, zum Verhängnis? Ein Gedanke, den man gar nicht weiterführen mag und sollte. Es gibt keine Alternative zum demokratischen System.

Aber was ist dann die Lösung? Ich sehe nur eine: Wir müssen Politiker wählen, die es aufgrund ihrer anerkannten Kompetenz und Authorität schaffen, ihrem Volk reinen Wein einzuschenken und für die notwendigen, staatlichen Restrukturierungsmassnahmen Akzeptanz zu erzeugen. Das unterscheidet den Leiter eines Staates nicht von dem eines Unternehmens. Man muss eine Vision verkaufen können, darstellen können, wohin man will, was zu gewinnen ist, wenn man jetzt bereit ist, den Gürtel enger zu schnallen. Man erinnere sich z.B. an Winston Churchill und seine berühmten Durchhaltereden während des zweiten Weltkriegs. Wir müssen wieder mehr Winston Churchills in führende Ämter bringen. Auch wenn er heute wahrscheinlich den ein oder anderen Skandal mit seinen berüchtigten, nicht immer politisch korrekten Zitaten erzeugen würde, Persönlichkeiten wie er würden es vielleicht schaffen, das Notwendige zu tun, der heute leider die Regel darstellende aalglatte Berufspolitiker mit blitzeblankem Persil-Profil wohl kaum. Letztere werden uns durch die grossen Herausforderungen nicht führen können, wenn wir sie denn einmal angehen wollen. Wenn wir dem Horrorszenario „Staatsbankrott“ entkommen wollen, braucht es Personen mit Präsenz und Profil, auch wenn diese Ecken und Kanten haben. Wo ist der nächste Churchill?

Rechtliches

Beiträge und Kommentare geben jeweils die persönliche Meinung des Verfassers wieder. Es handelt sich nur um Veröffentlichungen von Martin Hellweg, wenn er auch der Autor ist. Alle Veröffentlichungen von Martin Hellweg macht er als Privatperson, nicht in Ausübung einer Funktion oder Tätigkeit.

Wenn nicht anders gekennzeichnet, liegt das Urheberrecht für die Beiträge (Texte, Bilder, Videos) und Kommentare beim Autor. Möchten Sie einen Text, ein Bild oder ein Video für eine Publikation nutzen, so wenden Sie sich bitte an hellweg.blog@gmail.com