Sonntag, 16. Mai 2021

Impfen ja oder nein?

Der blanke Wahnsinn zuweilen, wie Menschen in zumindest meinem Umfeld die Entscheidung fällen, sich impfen zu lassen oder nicht. Die Entscheidung ist leider Sinnbild der oft schwer dysfunktionalen Debatten, die seit 15 Monaten zur Pandemie laufen.

Wer immer noch glaubt, Covid-19 sei insgesamt harmlos, der hat einen Schuss an der Waffel. Keine Toleranz für eine solche Meinung nach all dem, was wir mittlerweile wissen. Ein Blick auf die Bilder aus Indien mag den Verirrten hier helfen.

 

Aber, Fakt ist auch: Wir impfen gerade weite Teile der Bevölkerung mit einem nicht wie üblich getesteten Impfstoff. Ist man über 70, ist Covid-19 brandgefährlich. Die Todesfälle liegen im Prozentbereich. Rein mit dem Ding in den Arm, subito und ohne Wenn und Aber. Der Fall ist klar.

 

Bei den unter 70jährigen ist es aber komplizierter. Man schaue sich nur die Werte für die Schweiz an. Ich habe dabei aus den offiziellen Zahlen zwei Risiken errechnet bzw. abgeleitet:

1. das Risiko auf Basis der entdeckten Infizierten ohne Dunkelziffer, und 

2. das Risiko inklusive einer Dunkelziffer, hier mit einem Faktor 3 angesetzt (auf einen entdeckten Infizierten kommen zwei unentdeckte Infizierte, vermutlich liegt die Dunkelziffer eher höher).

 

 siehe auch: https://rsalzer.github.io/COVID_19_AGE/ - ausser Dunkelziffer: eigene Annahme

 

Nun zählen sich manche unter 70 zu einer Risikogruppe. Wer dabei auf einmal alles ein Risiko für sich empfindet, ist beachtlich. Aber natürlich, das kann ja durchaus sein. Die offiziellen Zahlen in der obigen Tabelle für Infizierte, Hospitalisierte und Tote aber sind inklusive Risikogruppen. Dieses Risiko ist also «mit dabei», man muss nicht hinzuaddieren.


Es sind bei den unter 50jährigen also gerade einmal 51 Personen an oder mit Covid-19 verstorben – dies wohlgemerkt inklusive Risikogruppen. Verständlich, wenn sich da jemand im Alter unter 50 fragt, ob er sich da jetzt schon zur Impfung anstellt oder lieber noch etwas abwarten will. Eines ist dann aber auch klar: lässt man sich nicht impfen, wird man über kurz oder lang mit Covid-19 infiziert. Das Risiko muss man bereit sein zu tragen. Jeder kann es sich für sein Alter errechnen. Für die Altersgruppen 0-50 sowie 50-70 befinden sich die Werte in der obigen Tabelle.

 

Wer sich für die Impfung entscheidet, muss wissen, dass er auf gewisse Weise eine Wette eingeht. Und dabei kann man nicht ignorieren, dass auch Arzneimittel ihre Gefahren mit sich bringen. Manchmal beleuchten wir sie zu spät, wie z.B. 2009 beim Impfstoff «Pandemrix» gegen die Schweinegrippe. Die Ereignisse rund um diesen Impfstoff hat der Spiegel 2018 in einem Beitrag mit dem Titel «Hersteller von Schweinegrippe-Impfstoff ignorierte Risiken» beschrieben.


Solcherlei Vorfälle sind keine Rechtfertigung für absurde Verschwörungstheorien, stellen sie doch die krasse Ausnahme dar. Und Impfungen insgesamt haben diese Welt eindeutig zu einem besseren, sichereren Ort gemacht. Aber wir sollten bescheiden sein und anerkennen, dass wir über die Langzeitfolgen einer Covid-19-Impfung noch nichts wissen können – ganz einfach weil die lange Zeit noch nicht war. Schaut man wiederum in die Vergangenheit, dann scheinen solche Risiken bei Impfstoffen eher gering zu sein. Und selbst beim Vorfall mit «Pandemrix» wurden gerade einmal 75,8 schwere Nebenwirkungen pro eine Millionen Geimpfte gemeldet. Das ist verschwindend gering mit ca. 0,008%. Aber auch hier wieder: höher scheint das Risiko eines fatalen Verlaufs durch eine Infektion mit Covid-19 für unter 50jährige auch nicht zu liegen. 


Ist man unter 70, insbesondere aber unter 50, ist es wohl die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen, mit hoher Wahrscheinlichkeit aber jeweils sehr geringen Risiken. 

 

Eines sei aber klar gesagt: Eine Entscheidung pro Impfung für Kinder und Jugendliche zu treffen auf Basis der heutigen Erkenntnisse, erscheint äusserst bedenklich. Warum sollte man junge Menschen einem Impfstoff aussetzen, bevor dieser – wie sonst üblicher Standard – ein paar Jahre analysiert wurde und damit auch bzgl. seiner Langzeitfolgen verstanden ist? Gute Gründe sind schwer zu finden. Das muss im Übrigen nicht heissen, dass die Einschränkungen weiter bestehen bleiben. Sobald die Bevölkerung, die will, geimpft ist, können Kinder und Jugendliche auch ungeimpft alle Freiheiten wiedererhalten. Was sollte dagegen sprechen?

 

Wir sollten dann lieber anderswo in der Welt impfen. Denn wirklich in den Griff bekommen wir diese Pandemie nur, wenn ein rechter Teil der Weltbevölkerung geimpft ist. Das Virus kennt keine nationalen Grenzen. Die Welt impfen, das wird Jahre dauern – Jahre, die wir bzgl. Impfung eher Besorgten, vor allem aber Kindern und Jugendlichen geben können, und dies ohne dass sie Einschränkungen erfahren, die wie ein Impfzwang durch die Hintertür wirken könnten. Wir würden es uns im Übrigen als Gesellschaft nicht verzeihen können, wenn der vielleicht unwahrscheinliche, aber mögliche Fall von Langzeitfolgen der Impfung eintritt – und wir hätten junge Menschen mit dem Leben vor sich unnötig diesem Risiko ausgesetzt.

 

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich der Autor (in den 50ern) hat impfen lassen. Aber er traf diese Entscheidung für sich, in eigener Verantwortung und im Bewusstsein, dass er hier besagte Wette eingeht. Es ist keinesfalls offensichtlich, dieses oder jenes zu tun. Wichtig ist einfach, dass man eine bewusste Entscheidung trifft und dies nicht aus bizarren Gründen oder einer diffusen Angst heraus, sondern im Wissen um die Pros und Contras. Und wir sollten einander respektieren, Geimpfte und solche, die es nicht wollen. Wir sollten allen sukzessive ihre Freiheiten zurückgeben. 

 

 


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