Sonntag, 25. April 2010

Managergehälter - Reprise

Die Reaktionen auf meinen jüngsten Blog-Eintrag zum Thema „Managergehälter“ waren sehr unterschiedlich. Ich stellte dabei fest, dass es ein viel facettenreicheres Bild an Meinungen zum Thema gibt, als diese in der Öffentlichkeit kundgetan werden. Offensichtlich trauen sich Personen, die meinen, dass man doch den Markt spielen lassen soll und eine Einmischung Dritter nicht sinnvoll ist, nicht mehr, ihre Stimme zu erheben. Es ist „politically incorrect“ geworden, eine solche Meinung zu vertreten. Einer guter Freund, der meinen Blog las, war sogar besorgt um mich und fragte, ob ich nicht ein zu hohes Risiko eingehe, wenn ich zu diesem Thema offen Stellung nehme. „Das ist doch ein Wespennest!“ sagte er. Besser wäre es, sein Geld still zu verdienen und zu schweigen. Das finde ich sehr bedenklich. Die Diskussion um die Managergehälter ist allgegenwärtig. Und da muss man Position beziehen, denn ein konstruktiver gesellschaftlicher Diskurs kann doch nur zustandekommen, wenn alle Meinungen geäussert werden. Aus meiner Sicht läuft in der aktuellen Managergehälter-Debatte einiges schief. Verschiedenste Anliegen und Positionen werden wild durcheinandergeworfen. Dabei kann nichts Gutes herauskommen. Managergehälter staatlich zu regulieren macht keinen Sinn. Man sollte diese dem Spiel von Angebot und Nachfrage überlassen. Gefordert sind hier das Kapital (der Aktionär) und die Arbeit (der Manager). Weitere Dritte braucht es dabei nicht.
Diesen Parteien stehen auch heute schon Mittel und Wege zur Verfügung, grobe Fehlentwicklungen bei der Adressierung von unternehmerischen Risiken zu minimieren. Es gibt z.B. den Unternehmensleiter als persönlich haftenden Gesellschafter. Man kennt ihn zum Beispiel beim deutschen Unternehmen Merck. Eine solcher Unternehmensleiter haftet vollumfänglich, mit seinem persönlichen Vermögen, für ein unternehmerisches Scheitern. Würde dies zu einer schädlichen, kompletten Risikovermeidung führen? Im Falle der erwähnten Merck zumindest ist dies nicht der Fall. 2006 kaufte Merck das Genfer Biotechnologie-Unternehmen Serono S.A. für rund 16 Milliarden Schweizer Franken. Seit Januar 2007 besitzt Merck die Mehrheit an Serono und ist damit nicht nur Weltmarktführer bei Flüssigkristallen, sondern auch Nummer 3 der Biotechnologie-Unternehmen.
Wie würden solche persönlich haftenden Gesellschafter als Verwaltungsrat und/oder Konzernleitung einer UBS handeln? Das wäre interessant zu sehen. Vielleicht kämen sie zum Schluss, dass die Risiken einer UBS in seiner heutigen Form gar nicht zu verantworten sind. Die Frage „Zerschlagung oder nicht“ wäre beantwortet.
Die aktuell diskutierten Vorstösse aber werden den erhofften Effekt nicht haben. Zum einen werden die Gehälter nicht sinken, weil der Markt sie über geeignete Wege immer wieder dorthinbringen wird, wo sie heute sind (ich rede hier nicht von einigen Ausreissern, die einfach auf das schlechte Verhandeln der Kapitalvertreter, also Aktionär und/oder Verwaltungsrat, zurückgehen, sondern auf den Durchschnittswert der Managergehälter). Und zum anderen – und das ist noch bedenklicher – werden sie das unternehmerische Versagen nicht verhindern und nicht einmal positiv beeinflussen, also senken. Denn das Versagen ist nicht korreliert mit den Gehältern. Sonst wären die deutschen Banken im öffentlichen Besitz (KfW/IKB, gewisse Landesbanken), bei denen der Staat ja sogar Aktionär ist und die Manager, so sollte man hoffen, sicher nicht hochbezahlt sind, nicht in eine Schieflage geraten. Sind sie aber.
Helfen würde die persönliche Haftung der geschäftsführenden Personen. Aber ist man mutig genug, diesen Schritt zu gehen? Er wäre zumindest konsequent und, wie ich meine, zielführend. Risiken würden mit Sicherheit zweimal bewertet. Und es gelte nicht mehr der Satz „Die Gewinne bleiben bei mir, die Verluste tragen andere.“
Gefordert ist hier aber nicht der Staat, sondern es sind die Eigentümer von Unternehmen. Es steht ihnen frei, ihre Firmen in eine solche KGaA, wie die Merck z.B. eine ist, umzuwandeln. Es wäre, wenn man Risiken verantwortungsvoller adressiert sehen will, der sinnvolle Schritt – deutlich sinnvoller als die Massnahmen, die zur Zeit diskutiert werden.

Link zum Thema:
http://www.merck.de/de/unternehmen/unternehmensfuehrung/unternehmensfuehrung.html

Donnerstag, 22. April 2010

Managergehälter

Kürzlich wollte ich in einem Hotel die Nachrichten in CNN schauen. Doch Fehlanzeige. Die Berichterstattung war unterbrochen. 10 Minuten wartete man, ohne dass wirklich etwas passierte ... auf den ersten Abschlag von Tiger Woods seit seinem Skandal. Der Mann hat’s geschafft. CNN schaltet um, weil Tiger Woods nach einigen Monaten der Abstinenz (vom Golfspielen) den Schläger schwingt. Offensichtlich kann nichts seinem Image etwas anhaben. Und die Krönung dazu: Ein Einkommen von ca. USD 100 Millionen/Jahr. Und glauben Sie es oder nicht: Niemand neidet es ihm!
Mir ist bekannt, dass die Vergleiche zwischen Sportlern/Künstlern und Managern einen langen Bart haben. Aber mir fällt es schwer, mich zu erinnern, warum eigentlich der Vergleich nicht gestattet ist. Gibt es nicht in jedem Beruf den Amateur und den Spitzenathleten? Warum darf es nicht Manager geben, die CHF 70.000 oder CHF 7 Mio. verdienen? Eine Madonna schliesst mit der Firma Live Nation einen 10-Jahres-Vertrag für eine Kompensation von USD 120 Millionen im Voraus ab – ohne Erfolgsgarantie. Stellen Sie sich das gleiche mal bei einem Manager vor! Ersteres juckt niemanden, letzteres würde die Volksseele zum Kochen bringen - zu recht übrigens, denn wenn ein Verwaltungsrat solche Verträge abschliessen würde, gehörte er baldmöglichst abgewählt.
Ein Fazit darf aber gezogen werden: Die aktuelle Managergehälter-Diskussion wird emotional geführt. Sachliche Argumente ziehen den Kürzeren. Dass es hier um einen Verteilungskampf zwischen Kapital (der investierende Aktionär) und Arbeit (der angestellte Manager) geht, der eigentlich Aussenstehende kalt lassen könnte, interessiert nicht. Das CHF 7 Millionen Managergehalt stört. Wenn Roger Federer CHF 40 Millionen verdient, freut man sich über die Zwillinge.
Es ist schon ein eigenartiges Ding mit den Managergehältern. Dabei lässt sich ein wesentlicher Aspekt dieser für manche vielleicht hoch erscheinenden Kompensation mit einem einfachen Spiel erklären. Kürzlich fragte ich eine Bekannte beim Dinner, was ich ihr als Lohn bezahlen müsste, wenn sie die nächsten fünf Jahre die Woche über von 7 bis 21h arbeiten müsste, plus 2-3 mal an gesellschaftlichen Anlässen teilzunehmen, dies auch am Wochenende (das Leben eines Josef Ackermanns z.B. sieht wahrscheinlich nicht anders aus). Die Gefragte verdient bereits nicht schlecht, ich schätze CHF 120'000 im Jahr, in einer Bank. Nach einer kurzen Pause, die ich ihr liess, damit sie sich ausmalen konnte, wie ein solches Leben aussieht, bot ich ihr CHF 500'000/Jahr. Keine Chance. Auch bei einer Millionen CHF gab’s noch keinen Zuschlag. Irgendwo bei fünf Millionen CHF kam sie ins Wanken. Voilà – schon haben wir ein gesellschaftlich inakzeptables Gehalt.
Abschliessend sei gesagt, dass ich im übrigen auch der Meinung bin, dass die Art und Weise, wie Managergehälter häufig festgelegt werden, stössig ist und sicherlich Handlungsbedarf besteht. Aber nicht die Höhe der Gehälter ist es, die nicht in Ordnung geht. Für Spitzenleistungen dürfen auch hohe Summen verdient werden. Irritierend ist die Art und Weise, wie diese Gehälter strukturiert sind und was sie belohnen und was sanktionieren. Dies bestimmen meist die Verwaltungsräte einer Gesellschaft. Und da sind wir bei der Wurzel des Übels. Wenn der Aktionär seine Chance verschläft, erstklassige Vertreter in einen Verwaltungsrat zu wählen, dann muss er sich nicht wundern, wenn auch absurde Kompensationssysteme zustandekommen.
Es bleibt die Hoffnung, das die aktuell diskutierten Veränderungen zu einer Kurskorrektur in diese Richtung führen. Keine Hoffnung muss man sich als Manager allerdings machen auf eine Imagekorrektur. Ein George Clooney wird immer populärer sein (und mehr verdienen dürfen) als ein Brady Dougan. Und so darf man wohl einen Teil der Kompensation des Managers als Schmerzensgeld betrachten. Wer damit nicht leben kann, sollte Schauspieler werden. Gesellschaftliche Zuneigung garantiert.

Samstag, 17. April 2010

Der Strassenbauirrsinn - eine verpasste Chance



Was in den USA das Militär ist, ist in der Schweiz der Strassenbau. Horrende Summen werden von den beiden Staaten in den jeweiligen Bereich gesteckt, jenseits jeder Vernunft - eine mehr oder weniger versteckte Subvention unglaublichen Ausmasses. Dass man die Wirtschaft ankurbeln will, mag ja noch verständlich sein. Aber gibt es keine sinnvolleren Vorhaben, als Autobahnabschnitte im besten Zustand zu sanieren (aktuelles Foto von der A3), um nur ein Beispiel zu nennen? Macht es Sinn, konventionelle Bauunternehmen mit Subventionsgeldern vollzustopfen? Ist das die Branche, die uns das Morgen sichert? Man stelle sich stattdessen vor, diese Gelder würden in Projekte fliessen, die den Technologiestandort Schweiz stärken, z.B. durch die Förderung moderner Verkehrssysteme, die aus der freien Wirtschaft nicht allein kommen können, weil sie der Definition von allgemein gültigen Standards bedürfen. Mein visionärer Lehrer J. Törber hat zu meinen Schulzeiten - wir sprechen von den frühen 80er Jahren - schon proklamiert, dass das Verkehrssystem der Zukunft weder der reine öffentliche Verkehr noch der Individualverkehr sein wird. Weder kann der öffentliche Verkehr die Bedürfnisse einer modernen und effizienten Gesellschaft adäquat befriedigen, noch ist der reine Individualverkehr auf Dauer tragbar. Lösungen dazu besprachen wir, wie gesagt, schon vor fast 30 Jahren im Schulunterricht. Doch sie blieben im wesentlichen in der akademischen Welt. Was wäre es für ein bahnbrechender Schritt, wenn die Schweiz sich aufmachen würde, ein sogenanntes duales Verkehrssystem zu entwickeln und zu realisieren, und dies möglichst gleich noch weitestgehend unterirdisch. "Dual" heisst hier, dass man einerseits von seinem Zuhause in einer selbstgesteuerten Transportkabine individuell kürzere Strecken fahren kann und sich andererseits für längere Distanzen zu Knotenpunkten begibt, um sich dort einzugliedern in eine Kette dieser - dann nicht mehr selbstgesteuerten - Kabinen. Wir hätten "the best of both worlds."
Unmöglich? Mitnichten. Aber es bräuchte visionäre Figuren, die unsere Steuergelder in solche Felder lenken, anstatt sie so wie bisher auszugeben - wahrscheinlich dazu noch in einem Vergabesumpf zwischen sich viele Jahre kennenden (Aufträge vergebenden) öffentlichen Behörden und (Aufträge nehmenden) Bauunternehmen, von dem wir besser nichts wissen wollen.
Ich habe von Schätzungen gelesen, dass in der Schweiz in den nächsten 20 Jahren ca. 100 Milliarden Franken in den Strassenbau fliessen. Man stelle sich nur vor, was allein ein Bruchteil dieser Summe an Fortschritt im Verkehrswesen bewirken könnte, jenseits der Erneuerung eines Belags oder des Baus eines Kreisels. Es wäre mehr möglich.

Zwei interessante Links zum Thema:
http://faculty.washington.edu/jbs/itrans/reynolds-aspen.htm
http://www.cbruch.homepage.t-online.de/Rumba_e.html#Solution

Dienstag, 13. April 2010

Musiker und Manager - zwischen den Welten



Wir leben im Jahr 2010. Deutschland wird von einer Frau, einem Homosexuellen und einem Rollstuhlfahrer regiert. Man möchte meinen, dass wir in unserer Gesellschaft wirklich grosse Fortschritte in puncto Toleranz gemacht haben. Und dem ist in der Tat so. Auch wenn sich ausgerechnet die Medien schwer taten mit meinen parallelen Engagements als Musiker der Band MILK67 zum einen und Turnaround Manager zum anderen, so erhielt ich in den vergangenen zwei Monaten diesbezüglich so viele positive Feedbacks (und dies auch von Personen, bei denen ich dachte, dass Ihr hohes Mass an Konservativität es nicht erlauben würde, mein kombiniertes Schaffen als Restrukturierer und Künstler zu gutieren), dass ich schlichtweg überwältigt bin. Ja, wir sind heute eine deutlich andere Gesellschaft, als ich sie vor noch 30 Jahren als Kind erlebt habe. Was immer dazu geführt hat, dass es diesen positiven Wandel hin zu mehr Liberalität gegeben hat, es ist schön zu erfahren, dass man sich heute auch zwischen den Welten bewegen kann, ohne dadurch seine "street credibility" in einer von ihnen zu verlieren. Ich kann nur dazu ermutigen, es selbst zu versuchen. Das Leben wird facettenreicher, wenn man seine unterschiedlichen Neigungen und Talente sich entwickeln lässt. Und auf die Meinung derer, die das nicht akzeptieren können - sei es aus Überzeugung oder doch nur aus Neid -, kann man getrost verzichten. Sie stehen einer gesellschaftlichen Mehrheit gegenüber, die ein grosses Mass an Toleranz lebt. Und das ist grossartig!

Rechtliches

Beiträge und Kommentare geben jeweils die persönliche Meinung des Verfassers wieder. Es handelt sich nur um Veröffentlichungen von Martin Hellweg, wenn er auch der Autor ist. Alle Veröffentlichungen von Martin Hellweg macht er als Privatperson, nicht in Ausübung einer Funktion oder Tätigkeit.

Wenn nicht anders gekennzeichnet, liegt das Urheberrecht für die Beiträge (Texte, Bilder, Videos) und Kommentare beim Autor. Möchten Sie einen Text, ein Bild oder ein Video für eine Publikation nutzen, so wenden Sie sich bitte an hellweg.blog@gmail.com